Was ist Spaced Repetition?

Schnell zu vergessen, was man gerade gelernt hat, ist ein normales Phänomen und kein Zeichen mangelnder Begabung. Entscheidend ist, wie oft und in welchen Abständen du Inhalte wiederholst. Genau hier liefert Spaced Repetition einen effizienten Rahmen.

In diesem Artikel erfährst du,

  • was Spaced Repetition genau ist,
  • warum dein Gehirn diese Methode liebt
  • und wie du heute noch mit einem einfachen 5-Schritte-Plan starten kannst.
Lernen mit Spaced Repetition

Problemcheck: Warum klassisches Lernen oft nicht reicht

Typisches Bild: Du hast eine Prüfung vor dir. Also setzt du dich hin, liest das Skript mehrmals, markierst fleißig und lernst vielleicht am Abend vor der Klausur nochmal alles durch.
Kurzfristig funktioniert das sogar oft. Mittelfristig hat es aber einen Nachteil: Nach wenigen Tagen ist ein großer Teil wieder weg.
Das liegt nicht an dir, sondern an einer einfachen Tatsache: Dein Gehirn vergisst, wenn es Informationen nicht regelmäßig als „wichtig“ markiert. Dafür braucht es Wiederholungen über einen längeren Zeitraum, nicht nur einen Lernmarathon kurz vor der Prüfung. Genau hier setzt Spaced Repetition an.

Grundprinzip: Was ist Spaced Repetition?

Spaced Repetition bedeutet: Du wiederholst Lerninhalte in wachsenden Abständen, also nicht jeden Tag alles, sondern gezielt und gestreckt über die Zeit.
Vereinfacht sieht das so aus:

  • Tag 1: Du lernst eine neue Info.
  • Tag 3: Du wiederholst sie.
  • Tag 7: Noch eine Wiederholung.
  • Tag 14: Wieder etwas später.
  • Tag 30: Und so weiter.

Die Idee dahinter: Du wiederholst etwas genau dann, wenn dein Gehirn kurz davor ist, es zu vergessen. Dadurch wird die Erinnerung jedes Mal „aufgefrischt“ und wandert nach und nach ins Langzeitgedächtnis.
Der Unterschied zum “klassischen” Lernen:

  • Nicht: „Alles zehnmal hintereinander pauken“
  • Sondern: „Immer wieder kleine Wiederholungen, über Wochen verteilt“

Das ist weniger anstrengend und langfristig viel wirkungsvoller.

So startest du mit Spaced Repetition in 5 Schritten

Du musst keine komplizierte Theorie verstehen, um loszulegen. Folge einfach diesen Schritten.

Nimm deinen Lernstoff und mach daraus kleine Einheiten.
Ideal sind Frage-Antwort-Paare.

Zum Beispiel:

  • „Was ist die Photosynthese?“ → kurze Erklärung
  • „Wie lautet die Formel für…?“ → Formel
  • „Was bedeutet der Begriff XY?“ → Definition

Mach aus langen Texten lieber viele kleine Fragen als eine riesige.

Jetzt bringst du die Bausteine in ein Format, das dein Gehirn mag: Karteikarten.

Das geht:

  • analog (Papier-Karteikarten)
  • oder digital (z. B. mit Anki oder Quizlet)

Auf die Vorderseite kommt die Frage, auf die Rückseite die Antwort. Wichtig: Antworten kurz halten. Lieber mehrere Karten als eine überladene.

Jetzt gehst du deine Karten zum ersten Mal durch. Ziel: grob verstehen, nicht perfekt auswendig können.

Du liest die Frage, überlegst kurz, drehst um und prüfst dich selbst:

  • Wusste ich das?
  • Musste ich raten?
  • Keine Ahnung gehabt?

Du kannst dir kleine Markierungen machen, z. B.:

  • „gut gewusst“
  • „unsicher“
  • „keine Ahnung“

Jetzt kommt der „Spaced“-Teil.
Du planst, wann du welche Karten wiederholst.

Ganz einfaches Schema für den Start:

  • Neue Karten: Tag 1
  • Erste Wiederholung: Tag 3
  • Zweite Wiederholung: Tag 7
  • Dritte Wiederholung: Tag 14
  • Vierte Wiederholung: Tag 30

Karten, die dir sehr schwerfallen, kannst du früher wiederholen. Karten, die du gut kannst, später.

Noch bequemer:
Du nutzt eine App, die das für dich übernimmt, z. B. Anki (kostenlos, mit Spaced-Repetition-Algorithmus).
Dort klickst du einfach an, wie leicht oder schwer eine Karte war, und die App plant die nächste Wiederholung.

Nimm dir einmal pro Woche 5 Minuten und frag dich:

  • Komme ich mit der Menge klar?
  • Brauche ich weniger neue Karten pro Tag?
  • Sind meine Antworten vielleicht zu lang?

Passe dann an:

  • lieber 10 Karten pro Tag, die du wirklich packst,
  • als 50, bei denen du frustriert aufgibst.

Praxisbeispiele: Wo du Spaced Repetition nutzen kannst

Spaced Repetition ist nicht nur für Sprachen.
Du kannst es in fast jedem Lernbereich einsetzen.

Schule

  • Geschichte: Jahreszahlen und Ereignisse als Frage-Antwort-Karten
  • Biologie: Fachbegriffe, Prozesse, Definitionen
  • Chemie/Physik: Formeln und Gesetzmäßigkeiten

Beispiel: „Was passierte 1789 in Frankreich?“ → Französische Revolution.

Studium

  • Definitionen aus Skripten
  • zentrale Theorien, Modelle, Merksätze
  • Paragraphen im Jura-Studium

Beispiel: „Was besagt das XY-Modell?“ → kurze, prägnante Erklärung.

Sprachen

  • Vokabeln
  • Satzbausteine
  • typische Redewendungen

Beispiel: Vorderseite: „to rely on“ – Rückseite: „sich verlassen auf“.

Beruf & Fortbildung

  • Fachbegriffe in neuen Themen
  • Abläufe, Prozesse, Abkürzungen
  • Inhalte aus Fortbildungen, Seminaren

Merke: Alles, was du später schnell abrufen können möchtest, eignet sich für Spaced Repetition.

Tools & Vorlagen: Damit du nicht bei Null anfängst

Du musst das System nicht selbst erfinden. Es gibt erprobte Methoden und fertige Tools.

Analoger Karteikasten

Du brauchst:

  • Karteikarten
  • einen Karteikasten mit mehreren Fächern (z. B. „täglich“, „alle 3 Tage“, „wöchentlich“, „monatlich“)

So funktioniert’s:

  • Neue Karte → Fach „täglich“
  • Wenn du sie gut weißt → nächstes Fach
  • Wenn du sie falsch beantwortest → zurück in ein früheres Fach

Im Netz findest du viele Vorlagen, wenn du nach „Karteikasten Spaced Repetition Vorlage“ suchst. Du kannst dir auch einfach selbst Fächer mit den Abständen beschriften.

Digitale Tools

Ein paar Beispiele:

  • Anki: sehr mächtig, kostenlos, arbeitet mit Spaced-Repetition-Algorithmus.
    Website: einfach nach „Anki“ suchen (ankiweb.net).
  • Quizlet: gut für einfache Sets, viele fertige Vokabellisten.
  • RemNote: verbindet Spaced Repetition mit Notizen.

Oft findest du für Anki auch fertige Einsteiger-Decks, z. B. für Englisch-Vokabeln oder medizinische Begriffe.
Die kannst du anpassen oder als Vorlage für deine eigenen Karten nutzen.

Typische Stolperfallen & Tipps, um dran zu bleiben

Wenn Spaced Repetition „scheitert“, liegt es selten an der Methode. Meistens sind es diese Fehler:

Fehler 1: Zu viele Karten auf einmal

Du erstellst direkt 300 Karten – und bist nach zwei Tagen erschlagen.
Besser: Starte mit 20–30 Karten und füge dann langsam neue hinzu.

Fehler 2: Perfektionismus

Du verbringst Stunden damit, Karten „schön“ zu machen. Oder du wartest, bis alles perfekt sortiert ist – und fängst nie richtig an.
Besser: Einfach loslegen. Grobe Karten, die du benutzt, bringen mehr als perfekte Karten, die nie fertig werden.

Fehler 3: Keine festen Lernzeiten

Wenn du „irgendwann“ wiederholst, wird daraus oft „gar nicht“.
Besser: Mach aus Spaced Repetition eine Mini-Gewohnheit:

  • 10 Minuten morgens nach dem Frühstück
  • oder 10 Minuten im Bus
  • oder 10 Minuten vor dem Schlafen

Fehler 4: Alles auf einmal nachholen

Du setzt ein paar Tage aus und versuchst dann, alles auf einmal aufzuholen. Das frustriert.
Besser: Sortiere nach Priorität. Wichtige Karten zuerst, den Rest Stück für Stück. Und sei freundlich zu dir: Aussetzer sind normal.

Fazit: Wiederholung mit System zahlt sich aus

Spaced Repetition ist kein Zaubertrick.
Es ist ein realistisches Lernsystem, das gut zum Gehirn passt:

  • kleine Lerneinheiten
  • regelmäßige Wiederholungen
  • clevere Abstände

Wenn du dranbleibst, merkst du nach einigen Wochen:

  • Du erinnerst dich leichter.
  • Du fühlst dich sicherer in Prüfungen.
  • Du musst vor wichtigen Terminen weniger „panisch“ pauken.

Und ganz wichtig: Nobody’s perfect.
Du musst nicht jeden Tag perfekt durchziehen. Wichtiger ist, immer wieder zurückzukommen.

Häufige Fragen zu Spaced Repetition

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Jeden Tag ist ideal, aber nicht zwingend. Richte dir lieber 4–5 feste Tage pro Woche ein, an denen du 10–20 Minuten wiederholst, statt selten riesige Lernblöcke zu machen.

Nein. Ein einfacher Karteikasten reicht vollkommen. Eine App wie Anki oder Quizlet nimmt dir aber das Planen der Wiederholungsabstände ab. Gerade wenn du viel lernst, ist das sehr praktisch.

Ja. Du steigst einfach wieder ein. Eventuell brauchst du für manche Karten ein paar zusätzliche Wiederholungen – das ist völlig normal. Wichtiger als Perfektion ist: weitermachen.